18. Station: Simeonstraße 16

Familie Kutschinski

Im Haus Simeonstr. 16 (bis 1920 im Haus Kampstr. 20) wohnte die jüdische Familie Kutschinski. Die drei ältesten Kinder waren bereits nach Israel geschickt worden, als ihre Eltern, Moses Efraim Kutschinski und Paula Kutschinski geb. Ingberg, zusammen mit dem jüngsten Geschwisterkind Ferdinand am 28. Oktober 1938 nach Bentschen / Zbaszyn (Polen) deportiert wurden.

Moses Efraim Kutschinski wurde am 6. Januar 1889 in Lubranice (Polen) geboren. Er war Maßschneider für Herrenkonfektion, betrieb aber auch ein Geschäft für Arbeitskleidung und -schuhe. Im November 1916 heiratete er Paula (Perla) Ingberg, die am 14. Mai 1895 in Lbaszipin im Bezirk Warschau (Polen) geboren worden war. 1917 wurde der älteste Sohn, 1920 dann eine Tochter, 1921 ein weiterer Sohn geboren, die den Holocaust überlebten, weil sie nach Israel ausgewandert waren. Der jüngste Sohn, Ferdinand Kutschinski, wurde am 16. April 1925 wie seine Geschwister in Minden geboren. Kurz nach der Deportation wurde in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 das Geschäft der Familie geplündert, auch die Wohnungseinrichtung wurde zertrümmert. Vom 12. April bis zum 18. Juni 1939 kam Moses Efraim Kutschinski noch einmal nach Minden zurück, um die Vermögens- und Geschäftsverhältnisse seiner Familie abzuwickeln. Nach der Rückkehr nach Bentschen / Zbaszyn (Polen), wurde er nach dem Überfall NS-Deutschlands auf Polen vom 1. September 1939 im Zuge des Einmarsches deutscher Truppen zusammen mit seiner Frau in das Judenlager Hermannsbad (Zsorcinek, Warthegau) verlegt. Der vierzehnjährige Ferdinand Kutschinski wurde vermutlich zu diesem Zeitpunkt, auf jeden Fall aber im Jahr 1939, von seinen Eltern getrennt: Er kam nach Lbaszipin (Polen), von wo er Ende 1941 ins Judenlager Hohensalza (Polen) verbracht wurde. Seine Eltern wurden 1942 vermutlich von der SS verschleppt und ermordet. Das letzte Lebenszeichen von Ferdinand Kutschinski stammt vom Sommer (9. Juli oder 9. August) 1942.

Seinem Onkel Max Ingberg aus Minden, der als Jude und Sozialdemokrat verfolgt wurde und deshalb nach Belgien in den Untergrund abgetaucht war und so überlebte, schickte Ferdinand Kutschinski eine Postkarte, mit der er seinen Onkel bat, das Internationale Rote Kreuz in die Suche nach seinen Eltern einzuschalten. Ab hier verliert sich seine Spur wie die seiner Eltern. Alle drei wurden in den späten 1940er Jahren zum 8. Mai 1945 für tot erklärt.