13. Station: Brüderstraße 16

Willi Otte

An der Stelle des heutigen Robert-Nußbaum-Hauses stand vor dem 2. Weltkrieg das Mindener Waisenhaus. Hier lebte bis 1938 Willi Otte.
Er wurde am 22. Juli 1920 unehelich in Herford geboren. Sein Vater war nicht in der Lage, den geforderten Unterhalt zu zahlen. Wegen seiner geistigen Behinderung wurde er als 18jähriger Jugendlicher am 27. Juli 1938 in die Heilanstalt Wittekindshof aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt lebte seine Mutter in den Bethelschen Anstalten in Bielefeld. Als geistig Behinderter war er bedroht durch die Euthanasiepolitik des Naziregimes, die die Tötung sogenannten „lebensunwerten Lebens“ betrieb. Gegen den Willen des Wittekindshofes wurde Willi Otte am 6. November 1941 in die „Heilanstalt“ Gütersloh verlegt; am 7. Februar 1942 wurde er weiter verlegt in die „Heilanstalt“ Aplerbeck.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Euthanasieaktionen wegen des 12. Willi Otteerheblichen öffentlichen Protestes und Widerstandes offiziell eingestellt; inoffiziell wurden sie jedoch bis zum Endes des Nazireiches weiter geführt. Es gibt keine exakten Zahlen der Euthanasieopfer; man muss jedoch davon ausgehen, dass wenigstens 200.000 psychisch kranke, geistig behinderte oder sozial auffällige Menschen im Rahmen der Euthanasieaktionen in Krankenhäusern, Heimen und Heilanstalten ermordet wurden.

Am 24. Juni 1943 wurde Willi Otte noch einmal verlegt, und zwar in die „Heilanstalt“ Egelfing-Haar bei München. Solche mehrfachen Verlegungen erfolgten häufig, um Nachforschungen von Angehörigen zu erschweren. In Egelfing-Haar gab es, wie in anderen Vernichtungsanstalten auch, ein sogenanntes „Hungerhaus“, in dem man die Opfer durch gewollten und geplanten Nahrungsentzug verhungern ließ. Hier starb Willi Otte am 25. Februar 1945.

Nachtrag:
Im Zuge unserer weiteren Forschungen nach Mindener Euthanasieopfern stellten wir später fest, dass Willi Ottes Mutter, Paula Gehlhaus, am 7. Juli 1934 in die Bodelschwinghschen Anstalten in Bielefeld-Bethel aufgenommen wurde. Begründung: Geisteskrankheit. Von dort wurde sie am 21. November 1941 in die „Heilanstalt“ Gütersloh verlegt, wo sich zu der Zeit auch ihr Sohn befand. Am 9. Juni 1942 wurde sie noch einmal verlegt, und zwar nach Warta/Polen. Warta gehörte während der deutschen Besatzungszeit zum sog. „Reichsgau Wartheland“. Die dortige „Heilanstalt“ war eine der Tötungsanstalten für die Euthanasieaktionen. Dort wurde auch Willi Ottes Mutter ermordet. Für sie liegt ein Stolperstein vor dem Haus Bachstraße 8 in Dankersen.