21. Station: Ortstr. 5

Wilhelm Dieckmann

Wilhelm Dieckmann wurde am 1. Oktober 1858 als Sohn des Handarbeiters Heinrich Dieckmann und dessen Ehefrau Friederike Dieckmann geb. Rohde in Minden geboren. Er trug den zweiten Vornamen Heinrich. Die Familie wohnte zu der Zeit im Hause Minden Nr. 520 (heute: Umradstraße 5). Wilhelm wurde evangelisch getauft. Sein späterer Beruf war der eines Bäckereigehilfen. Er wohnte später in der Ortstraße 5. Am 18. Juni 1901 heiratete er in Hannover die Näherin Auguste Dorothee Emma Schulze. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor: Emma und Lina. Die Ehe wurde am 19. Juni 1913 geschieden.

Ende 1940 befindet sich Wilhelm Dieckmann im Mindener Krankenhaus. Der behandelnde Arzt erstellt ein Gutachten, demzufolge er seit einigen Jahren Zeichen einer beginnenden Geisteskrankheit erkennen lässt. Er leide an Demenz und sei anstalts-pflegebedürftig. Daraufhin wird er am 16. Januar 1941 in die Provinzialheilanstalt Gütersloh aufgenommen, in der er bis Oktober 1943 bleibt. Die Krankenakte aus der Gütersloher Zeit attestiert ihm arteriosklerotische Demenz. In den Eintragungen wird er immer wieder als völlig 16_Wilhelm Dieckmanndesorientiert, verwirrt, gebrechlich, körperlich hinfällig bezeichnet; gleichzeitig heißt es, er sei meist ruhig, freundlich, zugänglich und leicht lenkbar. Im August 1942 tritt eine linksseitige Lähmung der unteren Extremitäten hinzu; danach ist er dauernd bettlägerig.

Am 14. Oktober 1943 wird er in die Gauheilanstalt Warta verlegt, wo er mit einem Sammeltransport aus Gütersloh am 16. Oktober eintrifft. Warta in Polen gehörte unter der deutschen Besetzung zum sog. Reichsgau Wartheland. Die dort schon vorhandene Heil- und Pflegeanstalt war im Zuge der nationalsozialistischen Euthanasiepolitik zu einer der Tötungsanstalten umfunktioniert worden, in die Kranke aus Heilanstalten des Reichsgebietes verlegt wurden, um sie dort planmäßig zu ermorden. Die Euthanasieaktionen waren zwar 1941 offiziell eingestellt worden, doch wurden sie inoffiziell bis zum Kriegsende weitergeführt. Es gibt bis heute keine genauen Zahlen über die Opfer, doch müssen wir davon ausgehen, dass mehr als 200.000 kranke, behinderte oder sozial auffällige Menschen in „Heilanstalten“, Heimen und Krankenhäusern ermordet wurden.

Wilhelm Dieckmann gehörte, wie mehrere andere kranke Menschen aus Minden, zu ihnen. Er starb in Warta am 29. Oktober 1943, zwei Wochen nach seiner Einlieferung. Die Todesumstände sind nicht bekannt. Der Totenschein nennt als Todesursache „Altersschwäche“.