19. Station: Simeonstraße 29

Hedwig Frieda Hempel

Hedwig Frieda Hempel wurde am 3. Mai 1915 als Tochter des selbstständigen Kaufmanns Fritz Hempell [!] und seiner Ehefrau Frieda geb. Marpé geboren. Sie trug, wohl wegen eines fehlerhaften Eintrags in ihrer Geburtsurkunde, den Namen Hempel. Sie wurde evangelisch getauft. Bis zum Alter von knapp 4 Jahren lebte sie bei den Eltern in der Simeonstr. 29. Hedwig Frieda Hempel war von Geburt an stark behindert, sowohl körperlich als auch geistig. Aus diesem Grunde wurde sie am 28. Januar 1919 in das damals so genannte „Blödenheim“ des Wittekindshofes aufgenommen. Hier lebte sie mehr als 22 Jahre.

Ihre Krankenakte sagt aus, dass ihr körperliches Befinden trotz ihrer starken Behinderungen stets gut gewesen sei. Sie wird dort als freundlich, zugänglich und zutraulich beschrieben; es heißt mehrfach, sie sei im allgemeinen ruhig und zufrieden. Ihr Gewicht ist lt. Krankenakte in diesen Jahren normal.

Im November 1941 werden die meisten Pfleglinge des Wittekindshofes auf politische Anweisung in andere westfälische Anstalten verlegt. So kommt auch Hedwig Frieda Hempel am 4. November 1941 in die Heil- und Pflegeanstalt Gütersloh. Es ist anzunehmen, dass diese Verlegung in der Absicht geschah, sie im Vollzug der Euthanasieaktionen als „lebensunwerte Person“ zu töten. Diese Aktionen waren zwar im August 1941 offiziell eingestellt worden, doch wurden sie unter strengerer Geheimhaltung bis zum Ende des Naziregimes weiter betrieben.

In Gütersloh verschlechterte sich der Gesundheitszustand Hedwig Frieda Hempels dramatisch. Schon nach kurzer Zeit vermerkt ihre Kr20_Hedwig Frieda Hempelankenakte eine starke Gewichtsabnahme und eine erhebliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Am 21. März 1942 liegt sie lt. Krankenakte im Sterben; am 25. März stirbt sie. Todesursache lt. Totenschein: „Marasmus bei Idiotie.“ ( M.: Entkräftung)

Im Friedhofsbuch der Anstalt Gütersloh ist ihre Beisetzung im Grab Nr. 762 vermerkt. Das Grab ist nicht mehr auffindbar.

 

Biographie Hedwig Frieda Hempel (lt. Geburtsurkunde Hempel, wahrscheinlich fehlerhafter Eintrag, Name des Vaters: Hempell [!])

geboren am 3. Mai 1915 in Minden
Konfession: evangelisch
Wohnung: Simeonstr. 29
Eltern: Kaufmann (selbstständig) Fritz Hempell [!] und Frieda, geb. Marpé, beide 1941/42 gemeldet in Königstr. 37

Lebenslauf:

28.1.1919 Aufnahme im Blödenheim des Wittekindshofes wg. Idiotie, Aufnahmenummer 1944
Befunde lt. Krankenakte zwischen Aufnahme und 1932 (stets wiederkehrend):
angeborener Schwachsinn, verkrüppelte Hände und Füße, Wolfsrachen,
völliger Sprachmangel, völlige Hilflosigkeit

Befunde lt. Krankenakte zwischen 1932 und 20.3.1941 (stets wiederkehrend):

körperliches Befinden gut, im allgemeinen ruhig und zufrieden,
freundlich und zugänglich, zutraulich, muss in allem versorgt werden.

Gewichtsentwicklung (Auswahl):

1930 (erster Eintrag) 42 kg; 1934 49 kg;
1938 48,5 kg; Dez. 1939 49,5 kg; 20.3.1941 (letzter Eintrag Wittekindshof) 47 kg
4.11.1941 Verlegung in die Heil- u. Pflegeanstalt Gütersloh; Gewicht am 12.1.1942 (erster Eintrag) 39,5 kg
17.1.1942 Anzeige an den Amtsarzt in Wiedenbrück gemäß „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“; Vermerk: „Entlassung kommt nicht in Frage; fortpflanzungsfähig“
14.3.1942 Befund lt. Krankenakte: starke Gewichtsabnahme, erhebliche Verschlechterung des Allgemeinzustandes
21.3.1942 Befund lt. Krankenakte: moribunder Eindruck, sieht sehr elend aus
25.3.1942 Tod. Todesursache lt. ärztlichem Befund: Marasmus bei Idiotie
26.3.1942 Benachrichtigung des Vaters mit Nennung des Beisetzungsdatums;Vater erscheint nicht zur Beisetzung; Beisetzung im Grab Nr. 762 (nicht mehr auffindbar)

Quellen:
Archiv Landschaftsverband Westf.-Lippe, Bestand Klinik Gütersloh, Best. 661
LWL-Klinik Gütersloh, Friedhofsbuch