6. Station: Kampstr. 32

Familie Ingberg

Hirsch (Herz) Wolf Ingberg wurde am 15. September 1870 in Warschau (Polen) geboren. Als Kaufmann ließ er sich in Minden nieder und betrieb anfangs eine Altwarenhandlung, ein Trödlergeschäft, an der Kampstraße 24, später dann ein Geschäft für Schuhe und Konfektion an der Simeonstraße 8. Mit seiner Familie lebte er im Haus Kampstraße 32. Hirsch Wolf Ingberg war in mit Soscha (Sosse) Ingberg geb. Klepfisch, geboren am 25. Juli 1886 in Warschau (Polen), verheiratet. Sie hatten vier Kinder: Die älteste Tochter, geboren 1918, konnte in die USA auswandern; die drei jüngeren Geschwister überlebten die Verfolgung durch das NS-Regime nicht: Moritz Isaak Ingberg, geboren am 10. Februar 1921, besuchte bis 1935 die Knaben-Mittelschule und schloss im März 1938 eine Lehre als Polsterer und Dekorateur ab; David, geboren am 11. Februar 1926, und Erika, geboren am 26. Juli 1928, gingen auf die Heideschule, bis sie am 15. November 1938 als Juden der Schule verwiesen wurden.

Am 28. Oktober 1938 wurde Hirsch Ingberg zusammen mit den drei jüngeren Kindern nach Zbaczyn (Bentschen, Polen) deportiert. Anfang Juli 1939 kehrte er noch einmal allein nach Minden zurück, um sein Vermögen zu liquidieren. Zusammen mit seiner Frau wurde er dann am 17. Juli 1939 nach Zbaczyn (Bentschen, Polen) abgeschoben und nach dem Angriff der deutschen Truppen auf Polen Anfang September 1939 ins Ghetto bzw. Konzentrationslager Otwock im Kreis Warschau verbracht. Dort verstarb Hirsch Wolf Ingberg am 15. Januar 1943: Die genaueren Umstände seines Todes sind nicht bekannt. Am 24. Oktober 1947 wurde Hirsch Ingberg für tot erklärt. Ob Soscha Ingberg in Otwock starb oder ob sie zusammen mit den drei Kindern ins Warschauer Ghetto verbracht wurde, ist nicht geklärt. Sie wurde am 16. September 1949 für tot erklärt, weil sie nicht aus dem Lager zurückkehrte. Moritz, David und Erika werden den Aufstand im Warschauer Ghetto der im April 1943 von den Nationalsozialisten brutal niedergeschlagen wurde, nicht überlebt haben. Sie wurden zum 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Hirsch Wolf Ingbergs Kinder aus seiner ersten Ehe überlebten den Holocaust: Eine Tochter wanderte in die USA, eine andere Tochter und ein Sohn wanderten nach Brasilien aus, und ein Sohn, Max Ingberg, der nicht nur als Jude, sondern auch als Sozialdemokrat verfolgt wurde, überlebte im Untergrund in Belgien, von wo er nach dem Ende des NS-Terrorregimes nach Minden zurückkehrte – und in der Simeonstraße 8, wo sein Vater das Bekleidungsgeschäft hatte, lebte.