Ehepaar Rosenfeld, Familie de Jonge, Eva Rosenfeld geb. de Jonge, Emil und Käthe Kahn
Ehepaar Rosenfeld
Im Hause Kampstraße 26 lebte die jüdische Familie Rosenfeld. Der Vater, Philipp Rosenfeld, wurde am 13. März 1856 im benachbarten Cammer geboren, seine Ehefrau Paula geb. Klein am 2. Dezember 1870 in Bommern bei Witten an der Ruhr. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Moritz, geboren am 23. März 1891, Martha, geboren am 11. Januar 1893, und Erna, geboren am 11. März 1894.
Philipp Rosenfeld war selbstständiger Viehkaufmann. Seine Geschäfte verliefen sehr erfolgreich, so dass die Familie in sehr guten Verhältnissen leben konnte. Ab 1937 beeinträchtigten die zunehmenden antijüdischen Maßnahmen der Nationalsozialisten immer stärker das Geschäft, bis Philipp am 1. Juli 1938 zur Abmeldung des Gewerbes gezwungen wurde. Nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Ehepaar Rosenfeld , wie viele Juden in Deutschland, zur Zahlung einer Sonderabgabe gezwungen, mit der die von SA und SS angerichteten Schäden an jüdischem Eigentum beglichen werden sollte; bei ihm waren es 6.750,- RM.
Nach Auskunft des Bundesarchivs in Koblenz wurde das Ehepaar Rosenfeld am 31. Juli 1942 von der Gestapo verhaftet und mit einem Sammeltransport über Bielefeld in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Der gesamte Hausrat wurde beschlagnahmt und versteigert. In Theresienstadt kam Philipp nur zwei Wochen später am 15. August 1942 um; Paula starb dort am 6. Januar 1943. Über die Umstände ihres Todes ist nichts bekannt.
Ihre drei Kinder konnten Deutschland rechtzeitig verlassen und deshalb das Naziregime überleben.
Familie de Jonge
Im Hause Kampstraße 26, das nicht mehr existiert, wohnte von Februar 1940 bis Juli 1942 auch das jüdische Ehepaar de Jonge mit einem Sohn. Die Familie war aus Weener in Ostfriesland nach Minden verzogen.
Der Ehemann, Benjamin de Jonge, wurde am 29. März 1873 in Weener geboren, wo er 67 Jahre wohnen blieb. Er betrieb einen Viehhandel, wahrscheinlich auch noch eine Landwirtschaft und eine Schlachterei. Er war verheiratet mit Sara geborene de Levie, die am 19. Dezember 1881 in Ihrhove im Kreis Leer/Ostfriesland geboren war. Das Ehepaar hatte vier oder fünf Kinder. Samuel, Budi genannt, wurde am 1. Juli 1903 geboren, Amalie, Mali genannt, am 19.Mai 1906 und Henry am 20. September 1910. Nur für diese drei Kinder sind die Daten überliefert. Samuel kam 1942 in Warschau um; Amalie und Henry wurden 1942 in Auschwitz ermordet. Von der Tochter Frieda wissen wir nur, dass sie nach ihrer Heirat Rosengarten hieß und vermutlich nach England emigrierte. Möglicherweise hatte das Ehepaar de Jonge noch ein fünftes Kind, dessen Existenz aber nicht gesichert ist.
Nach 1933 litt das Geschäft von Benjamin de Jonge unter den antijüdischen Boykottmaßnahmen; 1938 wurde er zur Aufgabe des Geschäftes gezwungen. Im Februar 1940 wurden Benjamin und Sara de Jonge aus Weener ausgewiesen; sie zogen nach Minden, wo sie bei ihrer Verwandten Eva Rosenfeld geb. de Jonge unterkamen. Am 28. Juli 1942 wurden sie mit dreißig weiteren Mindener Jüdinnen und Juden von der Gestapo verhaftet und über Bielefeld in das KZ Theresienstadt deportiert. Zu einem nicht bekannten Datum wurden beide weiter nach Auschwitz deportiert, wo sie vermutlich am 15. Mai 1944 ermordet wurden.
Der älteste Sohn, Samuel, hatte in Weener im väterlichen Geschäft als Viehhändler gearbeitet. 1938 wurde ihm die Handelserlaubnis entzogen; er wurde zur Zwangsarbeit in Wilhelmshaven eingesetzt. Später kehrte er nach Weener zurück und wurde dann, wie seine Eltern, im Februar 1940 ausgewiesen. Er ging zunächst nach Bremen und zog später zu seinen Eltern nach Minden, wo er auch in der Wohnung von Eva Rosenfeld unterkam. Am 31. März 1942 wurde er nach Warschau deportiert, wo er zu einem unbekannten Datum umkam.
Eva Rosenfeld geb. de Jonge
Hier im früheren Hause Kampstraße 26 wohnte auch die Jüdin Eva Rosenfeld geb. de Jonge. Über sie sind nur sehr wenige Informationen erhalten.
Sie wurde am 3. Februar 1877 in Weener/Ostfriesland geboren. Sie heiratete sehr früh den Schlachter Julius Rosenfeld und wurde schon bald nach ihrer Heirat, 1917, Witwe, als ihr Mann im 1. Weltkrieg in Frankreich fiel. Wann sie nach Minden verzog, ist nicht festzustellen. Sie wohnte zunächst in der Obermarktstraße 9 und ab 1938 hier im Hause ihrer Verwandten. Ende Juli 1942 sollte sie, wie 32 weitere Jüdinnen und Juden in Minden, verhaftet und in das KZ Theresienstadt deportiert werden. Sie wählte am 27. Juli 1942 den Freitod.
Emil und Käthe Kahn
Im Haus Kampstraße 26 wohnte für zweieinhalb Jahre auch das jüdische Ehepaar Kahn, bevor es nach Riga deportiert wurde.
Emil Kahn stammte aus Heidelberg-Rohrbach, wo er am 7. Oktober 1893 geboren wurde. Von Beruf war er Holzarbeiter. Über seinen beruflichen Lebensweg bis 1934 liegen keine Unterlagen mehr vor. Ab April 1934 arbeitete er bei der Firma Gebrüder Thalheimer in Wiedenbrück. Dieses Unternehmen befand sich in jüdischem Eigentum und wurde im November 1938 „arisiert“. Daraufhin wurde Emil Kahn als Jude entlassen. Er zog dann zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Frille, wo er im Haus Nr. 17 wohnte. Aus einer früheren Ehe hatte er drei Kinder: Friedrich Max, Fred genannt, Sophie und Anselm, die Deutschland rechtzeitig verlassen und so den Holocaust überleben konnten.
Am 2. Juni 1939 heiratete er Käthe Meyer, die am 13. September 1905 in Frille geboren wurde. Sie war Hausgehilfin. Über ihren Lebensweg bis 1938 ist nichts bekannt. Am 1. September 1938 zog sie, wahrscheinlich aus Herford kommend, nach Minden, wo sie zunächst in der Ringstraße 26 wohnte. Nach der Heirat wohnten Emil und Käthe dann in der Kampstraße 26.
Am 13. Dezember 1941 wurden 25 Mindener Jüdinnen und Juden, darunter auch das Ehepaar Kahn, von Bielefeld in das Ghetto Riga deportiert. Käthe wurde am 9. August 1944 von dort in das KZ Stutthof verlegt, wo sich ihre Spur verliert. Sie wurde zum 8. Mai 1945 für tot erklärt. Ihr Mann Emil wurde zunächst zu einem unbekannten Zeitpunkt ebenfalls nach Stutthof verlegt und von dort am 16. August 1944 in das KZ Buchenwald. Dort wurde er vermutlich am 21. Februar 1945 ermordet.
Emil Kahn war Eigentümer eines Hauses in Heidelberg, das zwangsenteignet und „arisiert“ wurde. Nach dem Kriege wurde es an seine Kinder rückerstattet, die für die ebenfalls enteignete Einrichtung eine Entschädigung von 7.000,- DM erhielten.